Regie: Gustav Thies, Luzern Dekorationen: Richard Patzig, Zürich Kostüme: Verch & Flothow, Berlin; Möller, Zürich; A. Gamma, Zürich Ensemble: Spielleute aus Uri
Erhaben über jede Anforderung des dramatischen Kunstgeistes ging das herrliche Werk seines Sängers Friedrich Schiller anno 1901 über die Bühne
Der "gen ius loci" kommt da in seltenem Masse zur Geltung. Wo anderorts im Schweizerland berührt, die Tellengeschichte lebhafter und impulsiver das Gemüt, als in Uri, wo vom Rütli zur Tellskapelle am See, vom Altdorfer Rathausplatz am Fusse des Bannwaldes nach Bürglen und zur Ruine Attinghausen die Fäden der Volkstradition durch Jahrhunderte die Geschichte der Befreiung des Landes von fremder Vögte Herrschaft gesponnen haben?
Das schmucke Altdorfer Schauspielhaus betritt man im Anblick der hochragenden Bergriesen, deren Schilderung den Schöpfer des Telldramas zu dem unvergänglichen Werke deutscher Dichtkunst begeistert hat, die Gestalten der altschweizerischen Freiheitskämpfer bemächtigen sich unserer Phantasie und regen die Aufmerksamkeit am Spiele mächtig an.
Und war das ein Spiel, kraftvoll, feurig, lebenswarm, hinreissend in den packensten Momenten!
Es wird das hervorragendste Weltstadttheater den »Wilhelm 'Tell" niemals in dieser lebenswarmen und auch technisch hervorragenden Darstellung aufzuführen vermögen.
Das Geheimnis des grossen dramatischen Erfolges in Altdorf liegt namentlich in der Massenwirkung der Volksszenen. Da legen sich die Urner gewaltig ins Zeug; die seit Jahr- hunderten fortlebende Vorstellung und Anschauungsweise der einzelnen Bürger von den Zwingherren und der Landesbefreiung in die Gesamtbilder hinein, die wie der Rütlischwur dem Zuhörer ans Herz gehen und unauslöschlich sich in seine Erinnerung graben.
Glühend, flammend zündet der Ruf nach Freiheit und Befreiung; zu rauschenden, spontanen Beifallsbezeugungen wurde das tausendköpfige Publikum hingerissen, unaufhaltsam wie der Strom des wilden Schächenbaches.
Man sah und lauschte nicht mehr allein, man lebte den Freiheitskampf mit, der sich in der prachtvollen Szenerie des Vierwaldstättersees entfaltete, den die vortrefflich ausgestattete Bühne meisterhaft namentlich im wilden Wetterzucken wiedergab. Derart die Aufmerksamkeit des Zuhörers aufs höchste spannend und ihn zugleich in eine seelische Regung versetzend, die das vaterländische Empfinden mächtig anschwellen liess, erreichten die wackern Urner Darsteller das schönste Ziel, welches der Mine gewinnen kann.
Press -Stimmen.
Kölnische Zeitung
Die artistische Leitung hat klugerweise das Individuelle seiner einzelnen Darsteller nicht in eine theatralischeSchablone zu pressen versucht.
Die Nachkommen an Wilhelm Tells Stätten müssen ihre Helden so verkörpern. wie sie in ihrer Seele leben, darin liegt die Eigenart und auch der Wert der Altdorfer Tellaufführung. Dilettanten werden nie ein gewisses Pathos beseitigen können, und gerade hier war es am Platze, hätte man es nicht missen mögen; die Kinder der Berge sprachen all mit der pathetisch-schwungvollen Ein in- Kraft, wie sie die Schillersche Dichtung ausströmt. Ein instinktives Darstellungstalent zeichnet ganz entschieden die Altdorfer aus, möglich, dass dieses Talent um so eindringlicher und hingebungsvoller sich offenbarte, weil es der Heimat und ihren Heldengeweiht war.
Nationalzeitung
Die Tell-Aufführung hat einen ausgesprochen urschweizerischen Charakter behalten, und um einem Missverstehen vorzubeugen, wollen wir gleich beifügen, dass sie trotzdem im allgemeinen sich durchaus auf einem künstlerischen Boden bewegt. . . Sie ist eine herrliche Leistung, die dem Ort selbst, sowie den Beteiligten zur Ehre gereicht. Sie ist eine wahre Sehenswürdigkeit und wir zweifeln keinen Augenblick, dass der Erfolg, der in reichem Masse verdient ist, auch eintreten wird.
Bund
Die Tellaufführungen in Altdorf können die Kritik sehr wohl ertragen; es ist Ernst, Weihe und Stimmung darüber. Ohne Zweifel werden diese Aufführungen, die sich an den Sonntagen des Sommers wiederholen, ausserordentlich besucht werden -sie sind dessen würdig - und die Begeisterung der Mitwirkenden gibt der Hoffnung Raum, dass in Altdorf mit der Zeit ein ständiges, monumentales Tellspielhaus entstehen werde.
Neue Züricher Zeitung
Was vor allem dem Schauspiel Reiz verleiht, ist die Wahrheit und Natürlichkeit im Charakter und Auftreten der Personen. Es sind frische, kraftvolle und gesunde Gestalten, die da von Herzen zu Herzen in einer Sprache reden, wie sie Tell und die Tellen geführt haben. Alle sind ergriffen von einem Eifer und einer Begeisterung die, wenn die Not es wollte, auch heute noch die Freiheit und Ehre zu schützen wüsste.
Basler Nachrichten
Es sind markige Figuren - dieTräger der Hauptrollen des Tellspiels, männlichschöne Erscheinugen mit freiem, ungekünsteltem Vortrag, vollem, kräftigem Organ und deutlicher, feiner Aussprache. Aber auch die Frauen, liebliche Gestalten, entzücken durch wohldurchdachtes Spiel und klangreiche, warme und erwärmende Sprache. Liebe und Begeisterung zur Sache malt sich auf den Gesichtern Aller ab, und selbst der einfache Bauer und Reisige zeigt in Miene und Geberden, dass er von der hehren Dichtung erwärmt und durchdrungen seiner Aufgabe sich bewusst ist.
Luzerner Tagblatt
Die Träger der Hauptrollenagieren und deklamieren durchweg mit jenem feurigen Schwung und gemilderten Pathos, welchen Schillersche Jamben erfordern.. Mit ausserordentlichem Aufwand pekuninärer und künstlerischer Mittel haben die Altdorfer ein Werk vollendet, das geeignet ist, in diesen Sommertagen deren Tellspiele in den Mittelpunkt des nationalen Kunstinteresses zu rücken und Tausende zu erfreuen und begeistern durch die Kraft des Guten und Schönen.
Die Besetzung der wichtigsten Rollen:
Franz Arnold-Flückiger - Hermann Gessler: Franz Nager-Weingartner - Werner, Freiherr von Attinghausen: Adolf Huber-Gisler - Ulrich von Rudenz: Elisabeth Studer-Hefti - Berta von Bruneck: Otto Jauch-Arnold - Rudolf, der Harras: Josef Imhof - Friesshart: Emanuel Müller-Muheim - Leuthold: Emil Münsch - Fronvogt: Friedrich Gisler-Furrer - Walter Fürst: Alois Huber-Müessli - Wilhelm Tell: Marie Angele - Hedwig, seine Gattin: Carl Arnold - Walter, Tells Knabe: Josef Jauch - Wilhelm, Tells Knabe: Andreas Huber-Muther - Rösselmann, der Pfarrer: Martin Gamma-Linherr - Werner Stauffacher: Josephine Huber - Gertrud Staufacher: Josef Gisler - Stüssi, der Flurschütz: Martin Gisler - Fischer am Urnersee: Maria Walker-Gamma - Armgard: Gustav Schmid - Arnold von Melchtal: Josef Werner Lusser-Gisler - Konrad Baumgarten: